Foto: Bernd Seydel
Ein Heimatroman über das Eichsfeld? Harald Gerlach-Literaturstipendium an Fabian Saul vergeben
Pressemitteilung 16. Februar 2024
Fabian Saul mit Thüringer Literaturstipendium „Harald Gerlach“ ausgezeichnet | Acht Autorinnen und Autoren erhalten Arbeitsstipendien der Kulturstiftung Thüringen | Sammelband zu Harald Gerlach vorgestellt
Der letzte Tag des Sommers. Zwei Freunde auf ihrer ersten und letzten gemeinsamen Autorfahrt, kurz bevor einer von ihnen den gemeinsamen Heimatort in Nordthüringen für immer verlassen wird. So skizziert der in Heilbad Heiligenstadt aufgewachsene Autor und Komponist Fabian Saul, Jahrgang 1986, die Handlung seines Romans „Beteigeuze“ für dessen Umsetzung er mit dem Thüringer Literaturstipendium „Harald Gerlach“ ausgezeichnet wurde.
„Die Geschichte beginnt in Heiligenstadt, in den 90er-Jahren, die für die weiße Mehrheitsgesellschaft im Westen oft als ‚Ende der Geschichte‘ und Sieg der Demokratie verklärt wurde, während sie für die vielen von Rassismus betroffenen Menschen in diesem Land die Baseballschlägerjahre waren“, beschreibt Fabian Saul.
Mit dem Titel des Romans bezieht er sich auf den Schulterstern des Sternbilds Orion, der, obwohl vermutlich bereits erloschen, bei uns am Winterhimmel erscheint. Dieses Licht aus der Vergangenheit, das wir am Sternenhimmel sehen, wird für Saul das Vehikel um die Kontinuitäten rechter Gewalt zu erzählen. „Das Buch, das ich zu schreiben begonnen habe, sollte von Hoffnung erzählen, nicht als liberale Worthülse, sondern als transformierende, widerständige Kraft“, so Saul. Der mittlerweile in Berlin lebende Autor sieht das Stipendium auch als Verpflichtung, sich in der Thüringer Zivilgesellschaft zu engagieren: „Ich möchte meinen Beitrag leisten, sich den faschistischen Vereinfachern entgegenzustellen, sich den Komplexitäten und Realitäten der Gegenwart zuzuwenden und gemeinsam von einer anderen Zukunft zu träumen.“
„Ob Beteigeuze ein moderner Heimatroman über das Eichsfeld und seine Welthaltigkeit wie Weitläufigkeit wird, ist noch offen. Das Zeug dazu hätte er. Entscheiden werden wir, die Leser darüber“, begründet Dr. Thomas Wohlfahrt das Votum der Fachjury.
Neben Fabian Saul können sich acht Autorinnen und Autoren über eine Unterstützung durch die Kulturstiftung freuen. „Mit den acht Arbeitsstipendien ermöglichen wir die Umsetzung hervorragender Einzelprojekte“, so die Geschäftsführerin der Kulturstiftung Thüringen und fügt hinzu: „Für dieses Jahr hat die Jury so viele Stipendien wie noch nie vergeben.“ Über eine Auszeichnung freuen können sich, Justus Görke, Kathrin Groß-Striffler Dorothee Eva Herrmann, Jörn Klare, Miku Sophie Kühmel, René Müller- Ferchland Mario Osterland und Res Sigusch.
Bei der Stipendienverleihung am Donnerstag, 15. Februar, wurde auch ein neuer Sammelband über den Namensgeber des Thüringer Literaturstipendiums vorgestellt. Der Literaturwissenschaftler Dr. Ulrich Kaufmann gab Einblick in den vielstimmigen Band, in dem neben dem Mentor und Freund Harald Gerlachs Wulf Kirsten auch vier ehemalige Harald Gerlach-Stipendiaten zu Wort kommen. Das Buch wird im Rahmen der Erfurter Frühlingslese am 23. April im Haus Dacheröden in Erfurt vorgestellt.